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Schon zum zweiten Mal in diesem Schuljahr mussten unsere Q11-ler sich vorletzten Freitag mit

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der Analyse eines dramatischen Textes herumschlagen, da bot es sich ja geradezu an, ihnen einen solchen quasi in seiner eigentlichen Darbietungsform, nämlich gespielt auf einer Bühne, zu bieten. Auch war es nicht irgendeine Bühne, sondern die des Staatstheaters Stuttgart, aber nicht am Schlossgarten, sondern im Nordlabor, einer Studiobühne im Probenzentrum am Löwentor. Und es war auch nicht irgendein Stück, sondern das bürgerliche Trauerspiel "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller, Klassenlektüre der Schülerinnen und Schüler im Jahr zuvor.  

Ein erstes Highlight stellt schon der Bus dar, brauchten doch 68 Schülerinnen und Schüler mit ihren 4 Lehrkräften, Frau Firmke, Frau Ballasch, Herrn Krüger und Herrn Springkart, einen Doppeldecker, und so ging's los mit dem Mannschaftsbus der Basektballer von Ratiopharm Ulm, und zwar Gott sei Dank schon um 8:30 Uhr, denn wenn wir nur ein paar Minuten später gestartet wären, hätten wir den Vorstellungsbeginn um 11 Uhr (!) glatt nicht geschafft. 

So aber erzielten wir eine Punktlandung - man hätte auch auf uns gewartet ;) - und wurden gleich mit der vermeintlichen Hiobsbotschaft empfangen, dass nämlich der Hauptdarsteller Christian Schneeweiß, also Ferdinand von Walter, erkrankt sei, sich aber bereits ein anderer Schauspieler bereiterklärt hatte, für ihn einzuspringen. Jetzt kann natürlich niemand erwarten, dass ein Mensch eine textintensive Hauptrolle innerhalb einer Nacht verinnerlichen kann, zumal es ja nicht vornehmlich um den Text geht, - der spielt nur in einer Dramenanalyse eine Rolle, - sondern um dessen Umsetzung auf der Bühne. Deshalb hatten wir alle mehr als Verständnis dafür, als uns mitgeteilt wurde, dass "Ferdinand" mit einem Textbuch antreten werde. Dies entpuppte sich als Klemmbrett, das der Schauspieler so selbstverständlich wie ein Requisit in der Hand hielt, ja sogar teilweise als solches verwendete, wenn er beispielsweise seinen Unmut gegenüber den Plänen "seines" Vaters dadurch Ausdruck verlieh, dass er ihn damit gegen die Brust schlug, oder leidenschaftlich, er ist ja der Stürmer und Dränger in diesem Stück, erledigte Textseiten herausriss und zerknüllte. Manchmal genügte ein kurzer Blick, manchmal wurden längere Passagen abgelesen, aber nie auf Kosten der Bühnenpräsenz - eine beeindruckende Leistung, die am Ende mit Applaus und Bravorufen honoriert wurde. 

Aber auch die Leistung der übrigen Schauspieler, vor allem die von Lea Ruckpaul, die sowohl Luise als auch deren Widersacherin, Lady Milford, spielte, begeisterte die Zuschauer über alle Maßen. 

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Den textkundigen Schülern war außerdem nicht entgangen, dass Regisseur Wolfgang Michalek das Stück einerseits gekürzt und damit auf das Wesentliche, die unmögliche Liebe zwischen zwei Menschen, reduziert hatte. Andererseits aber war es auch erweitert worden, um programmatische Texte, beispielsweise Schillers Ãœberlegungen zur Bedeutung der Schaubühne, aber auch aktuelle Reflexionen über die Liebe und was sie mit einem Menschen anstellt, die verdeutlichen konnten, dass das Stück, auch wenn es über 200 Jahre alt ist, ein Thema behandelt, das heute so aktuell ist wie damals, weil es eben den Menschen an sich bewegt. 

Lehrkräfte wie Schülerinnen und Schüler waren angetan bis begeistert von der Vorstellung, und so begannen bereits auf dem Weg zum Bus die ersten regen Diskussionen und werden sicherlich auch im Deutschunterricht noch fortgesetzt.